Der Pommersche Hütespitz ist ein inzwischen ausgestorbener Hütehundschlag, der bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts in ganz Pommern gezüchtet wurde. Der Hütespitz wird als mit den Groß- und Mittelspitzen nicht identisch, aber als mit ihnen verwandt angesehen. In der älteren Literatur werden Spitze und schäferhundartige Hunde entweder auf einen gemeinsamen Urahn zurückgeführt oder der Spitz wird als der ursprünglichere Hundetyp angesehen, aus dem sich unter anderem auch die Schäferhunde entwickelten.
Vom Deutschen Großspitz unterscheidet sich der Pommersche Hütespitz durch seinen athletischen, langgestreckten Körper, der ihn zu einem sehr ausdauernden Läufer macht. Der Spitz hingegen ist ein quadratisch gebauter, sehr flinker Sprinter, jedoch kein guter Ausdauerläufer. Wie der Spitz besitzt der Pommersche Hütespitz ein harsches, wetterfestes Haarkleid mit dichter Unterwolle und wurde - wie viele andere Hunderassen aus Pommern - ausschließlich in der Farbe Weiß gezüchtet. So wurde der weiße Spitz wurde früher auch als "Pommernspitz" oder "Pommer" bezeichnet. Diese Farbwahl ist für einen Hütehund insofern von besonderer Bedeutung, da er aufgrund seiner hellen Fellfarbe auch nachts und auf Entfernung gut vom Wolf unterschieden werden kann und der Bauer oder Schäfer nicht Gefahr läuft, seinen eigenen Hund zu erschießen. Eine ausführliche Beschreibung des tieferen Sinns der weißen Fellfarbe bei Hütehunden findet sich in Hohbergs "Georgica Curiosa" von 1701:
"[...] Die Schäferhunde sollen erstlich starck und beherzt seyn, von einer guten Art. Es werden die weißhärischen, den anderen die Schafe zu bewahren, den dunckelfärbigen darum fürgezogen, weil diese durch die Wölffe von fernen erkennet werden, ob sie zugegen oder abwesend, jene aber mit den Schafen gleichfärbig, von Ferne nicht mögen unterscheiden werden, also daß die Wölffe nicht wissen, an welcher Seiten, sie anfallen sollen, indem sie die Hund und Schafe nicht voneinander kennen; aber wenn sie zwey- oder dreymal durch diesen Irrthum betrogen und tapffer abgestöbert worden, trauen sie hiernach nicht bald den Anfall zu thun, da sie hingegen die tunkeln braunen und rothen Hunde weit sehen; und da sie solche abwesend oder auf der anderen Seuten liegend verspüren, können sie leichter auf der übererwahrten Seiten einen Anfall und Schaden thun. Zu dem wann sich Nachts ein Wolffskrieg erhebt, kan ein Hirt seine Hunde desto leichter von dem Wolff unterscheiden, da er hingegen die tunckelfärbigen zu Nachts von dem Wolff nicht unterscheiden kan, und gleich so bald, wenn er vermeynt den Wolff zu treffen, seinen eigenen Hund schlägt."
Die weiße Fellfarbe hat also zudem noch den weiteren, praktischen Nutzen, dass der Wolf nicht erkennen kann, ob der Hütehund anwesend ist oder nicht. So kann er sich niemals sicher sein, ob er sich gefahrlos ein Tier aus der Herde schnappen kann oder ob es Ärger gibt.
Gemeinsam ist den Pommerschen Hütespitzen und unseren Deutschen Spitzen u.a. das Stehohr - egal ob die Spitze nun kippt oder nicht, das kam früher auch beim Spitz öfter mal vor - das harte Fell mit dem abgesetztem Kragen und die kleinen, runden Pfoten, die sogenannten Katzenpfoten. Gerade auf dem Bild von den Hütespitzen auf der CRUFTS springt einen die Verwandtschaft zum Spitz regelrecht an.
Der Pommersche Hütespitz war für alle anfallenden, noch so schwierigen Hütearbeiten brauchbar, vom Einhüten der Schafe und Schweine bis hin zum Treiben der Rinder in den norddeutschen Tiefebenen. Schafe hüten ist ansich keine Herausforderung für einen durchschnittlichen Hütehund, bei Rindern oder Schweinen sieht das Ganze aber schon etwas anders aus. Dafür braucht es nämlich Hunde mit einer gewissen Durchsetzungsfähigkeit, da Schweine und Rinder sehr selbstbewusst sind und sich über das Starren des Bordercollies wohl totlachen würden. Neben dieser Durchsetzungsfähigkeit mussten die Hütespitze auch den Hackenbiss beherrschen, um das Vieh treiben zu können. Dieser Hackenbiss ist ihnen angeboren, er muss nicht trainiert werden. Auch heute noch beherrschen einige wenige alte Hütehundrassen diesen Hackenbiss, neben unserem großen Deutschen Spitz auch der Harzer Fuchs oder der Westerwälder Kuhhund.
Nicht ohne Grund galt also der Pommersche Hütespitz als bester Hütehund Europas. Um sich diese herausragenden Hüteeigenschaften zu Nutze zu machen, wurde er in der Vergangenheit u.a. in die britischen Hütehunde eingekreuzt, wie in die Shelties und Collies - was man gut auf dem nebenstehenden Bild vom alten Collietypen erkennen kann - aber auch in deutsche Hütehundrassen, wie den weißen Schäferhund. Und obwohl der Pommersche Hütespitz inzwischen ausgestorben ist, lebt er doch in vielen anderen Hunderassen auch heute noch weiter.
* Strebel "Die Deutschen Hunde", Band 2, Seite 82
Stand: 22.07.2023