"Der Spitz muss ausgerottet werden!"


Die Geschichte eines amerikanischen Rufmordes


Am 24. Mai 1876 fiel der weiße Deutsche Spitz in den USA in Ungnade. Damals erschien in der New York Times ein Artikel mit dem ominösen Titel "A Whited Canine Sepulchre". In diesem Artikel entlarvt der Verfasser augenscheinlich den "wahren" Charakter des Spitzes und kommt letztlich nicht umhin, zur Ausrottung des Spitzes aufzurufen, da er ihn für Fälle von Tollwut und Staupe verantwortlich macht. Hier die Übersetzung:

Spitz Tollwut NYT
Freie Übersetzung des Artikels "A Whited Canine Sepulchre"

Der Spitz wird entlarvt

Hundehändler importierten den Deutschen Spitz einst nach Amerika. Es wird zwar in der Regel angenommen - und so ist es auch überall nachzulesen - dass deutsche Einwanderer den Spitz mitgebracht haben, aber dies ist eher unwahrscheinlich, da die meisten Immigranten dieser Zeit extrem arm waren (aufgrund ihrer Armut verließen sie ja zumeist ihre Heimatländer) und sie daher vermutlich keine Möglichkeit hatten, auch noch einen Hund satt zu bekommen. 

 

Der Artikel vom Mai 1876 stellte fest, dass der Spitz in Amerika noch bis vor zwanzig Jahren kaum anzutreffen war, aber dass er inzwischen so weit verbreitet ist, dass "er auf dem Hundemarkt fast wertlos ist". Am 17. November 1876 bestätigte ein weiterer Bericht, der über den Spitz herzieht, dass sie einst Modehunde waren und importiert wurden. Dieser Artikel ging so weit, dass er eine Bestrafung für jeden vorschlug, der die Rasse weiterhin importierte, sowie das Abschlachten all derer Spitze, die bereits im Land waren. 

 

Der Zweck der „Entlarvung“ des Spitzes lag darin, der Öffentlichkeit aufzuzeigen, dass der Spitzhund eine Veranlagung zur Verbreitung von Tollwut hat. Obwohl der Verfasser klarstellt, dass er kein Fanatiker oder Hasser der Spitze war und dass er seine federführender Aufgabe als sehr unangenehm empfand und er sich sogar bei Spitzfreunden für seinen Artikel entschuldigte, sah er es dennoch als seine Pflicht der Öffentlichkeit gegenüber, ihr den Charakter des Spitzes zu offenbaren, so wie man einen Verbrecher entlarvt. Der weiße Spitz - eine "Bestie", die sich unter die besten Kreisen der Gesellschaft mischte - war nach Meinung des Journalisten ein Wolf im Schafspelz. Der Autor des Artikels vermenschlicht den Spitz total und überträgt ohne mit der Wimper zu zucken menschliche Charakterzüge auf den Hund; so schrieb er in Bezug auf die Moral, dass "der Spitz durch und durch unverbesserlich verderbt sei" und "ein unermüdlicher und schamloser Dieb". Ihm wurden Fähigkeiten zugeschrieben, die es ihm ermöglichten, die Knochen von „ehrlichen Hunden“ hinterlistig und ohne schlechtes Gewissen zu stehlen. Der Spitz hätte zudem ein listiges und verräterisches Gesicht und sei auch hochgradig eitel und verschlagen: er überfiel und biss zu, wenn seine Opfer es am wenigsten erwarteten und floh, wenn er herausgefordert wurde, sogar vor Kindern.

 

In "A Whited Canine Sepulchre" wird behauptet, dass die Rasse 75% der Todesfälle in der Stadt durch Hydrophobie (=Wasserphobie) verursacht hatte. So nannte man ein Symptom der Tollwut - unter anderem haben die Opfer typischerweise Angst vor Wasser und können nicht schlucken, daher die Wasserphobie. Obwohl es an handfesten Beweisen mangelte, wurde in dem Artikel den Spitzen die Schuld an verschiedensten Toten gegeben, so zum Beispiel am kürzlichen Tod eines jungen Mädchens. Ein paar Jahre zuvor war Francis Butler an der Krankheit gestorben. Er kümmerte sich wohl um einen kranken Spitz, als er gebissen wurde. Er starb sechs Wochen später. 

Tollwut

American Eskimo Dog German Spitz

Tollwut war damals keine Krankheit von epischem Ausmaß. Die Letalität nach einem Biss eines tollwütigen Hundes lag anscheinend bei 1:15 (NY Times 7. Juli 1874) und es gab durchschnittlich 3,75 Tollwut-Tote pro Jahr. Zu dieser Zeit starben jährlich fast 6.000 Menschen an Durchfallerkrankungen, während in den feuchten und schimmeligen Mietskasernen von New York jährlich durchschnittlich 9.000 Kinder starben. Es ist daher erstaunlich, dass ein Anstieg der Hydrophobie-Opfer von 3,75 Fällen auf 5 oder 6 pro Jahr so dramatisch wahrgenommen wurde. Seitens der Ärzteschaft gab es zudem begründete Zweifel daran, dass es sich bei allen Opfern tatsächlich um echte Fälle handelte. 

 

Im Jahr 1874 fragten sich daher die Ärzte, warum so wenige Todesfälle ausreichten, um Brooklyn und New York vor Angst durchdrehen zu lassen. Die Ärzteschaft sprach bereits von einem Zustand, der als Pseudo-Hydrophobie oder hysterische Störung bekannt wurde und bei dem das Opfer in einer solchen Angst vor der Krankheit lebte, dass es an Krampfanfällen vor Schreck starb. Diese Hysterie vermutete man u.a. bei Francis Butler. Die Krampfanfälle wurden auch oft als Folge von Unmäßigkeit, tetanischen Krämpfen (eine Folge von Tetanus), Meningitis und so weiter vermutet.

 

Zu dieser Zeit mussten Spitze nur schief gucken oder leichten Unmut äußern, um für an Tollwut erkrankt erklärt zu werden. Dies führte dazu, dass man begann, die Hunde auf der Straße zu totzuschlagen. Die Hysterie nahm immer bizarrere Ausmaße an, so dass auch immer mehr Scharlatane ihr Unwesen trieben. Ein Mann behauptete, seinen Sohn von Tollwut mit einem "Zauberstein" im Wert von jetzt 50 Dollar geheilt zu haben. Ein Arzt im Presbyterian Hospital in New York "heilte" einen Teenager, der fälschlicherweise glaubte, er habe Hydrophobie, indem er ihn ans Bett fesselte und ihn mit einer Holzschiene (mit der man sonst Knochenbrüche schiente) verprügelte. Ein älterer Arzt dazu: „Es ist ein Wunder, dass wir überhaupt noch leben, so viel Angst wie wir vor allem haben“. 

Leserbrief in der NY Times
Leserbrief aus der NY Times, in dem der Spitz als undankbares und heimtückisches Tier bezeichnet wird

Als im November 1876, nach dem Tod zweier deutscher Männer - sie lebten in einer Baracke in der 68. Straße und starben an Hydrophobie - deren Spitzen die Schuld an ihrem Tode gegeben wurde, erschien in der New York Times ein Artikel mit dem Titel "A Venomous Beast". Darin wurden die vier giftigsten Tiere der Vereinigten Staaten aufgeführt, die da wären: die Klapperschlange, der nordamerikanische Kupferkopf, die Mokassinotter und der Spitz (ja wirklich...), der sich nach Meinung der Journalisten vorgenommen hatte, die Menschheit durch Infektion mit Hydrophobie auszurotten. Öhm ja....klar! Als Folge dieses Artikels wurden die Spitze in den USA mehrere Jahre lang massiv verfolgt und oft von einem panischen Publikum zu Tode geprügelt, vergiftet oder erschossen. 

 

In der Zwischenzeit wurde durch die Stadtbehörden eine Verordnung erlassen, um das allgemeine Problem der streunenden Hunde zu lösen. Zuvor im Jahr 1874 verabschiedete die Stadt ein Gesetz, das sich als Schuss in den Ofen erwies, denn da eine Belohnung von 50 Cent für jeden Streuner, der im Tierheim abgegeben wurde, ausgezahlt wurde, kam es bald darauf zu einer wahren Epidemie von Hundediebstählen, denn ein halber Dollar war damals viel Geld. 

 

Eine Verordnung von 1877 verlangte grundsätzlich, dass alle Hunde auf öffentlichen Straßen von einem Menschen begleitet und mit einem an Hundehalsband und Leine geführt werden mussten. Am Halsband hing eine Art Steuermarke. Alle Hunde, die nicht an der Leine geführt oder ohne Marke aufgegriffen wurden, durften vom Hundefänger eingefangen und getötet werden (im Original heißt es "mit dem Tode bestraft").

Die Zerstörung des Spitzes

Im Juni 1877 erschien erneut ein Artikel ("The Dog Law"), der zum Angriff auf den Spitz blies. Spitze wurden dort mit Mördern gleichgesetzt, die für den Galgen nur ein hämisches Grinsen übrig hatten, weil sie angeblich ohne die geringste Angst vor Strafe zubissen. Der Artikel schließt mit der Feststellung, dass man den Spitzen an den Kragen müssen, und sei es nur, um dem Spitz zu zeigen, dass er nicht über der Stadtregierung steht. Auch hier wird der Spitz leider sehr zu seinem Nachteil vermenschlicht! Ein Mann namens Mr. Bergh wurde damit betraut, sich eine geeignete „Todesstrafe“ zu überlegen - jedoch sollte er sich hierbei für die humanste Methode entscheiden. Und das, obwohl Mr. Bergh so viele andere, bezaubernde Ideen hatte, wie die Spitze entweder mit Kohlensäure zu ersticken oder sie mit Dynamit in die Luft zu jagen! Im Artikel heißt es, die Spitze hätten über diese Androhungen des "ach so gutherzigen" Herrn Berghs nur ihre stolzen Ruten verächtlich in die Luft gereckt, denn anscheinend waren sie der Meinung, man könne sie auf diese Art gar nicht umbringen. 

 

Wer das bisher echt krass und gestört fand, der wird nun gleich eines Besseren belehrt: am 6. Juli erschien der Artikel "Destroying the Dogs". Dieser Artikel ist sehr bildhaft geschrieben und ist für den modernen Menschen nur schwer zu ertragen. Im Wesentlichen war ein Eisenkäfig mit einer Länge von zwei Metern, einer Höhe von vier Metern und einer Breite von fünf Metern gebaut worden und 759 erwachsene Hunde und 23 Welpen wurden in Einheiten von je 48 Tieren darin eingesperrt, um anschließend zehn Minuten lang im Fluss ertränkt zu werden. Eine große Menschenmenge hatte sich versammelt, um der Tötung der Hunde beizuwohnen. Zwanzig Hunde, die als wertvoll erachtetet wurden, wurden verschont. Die Kadaver wurden zu einem nahegelegenen Tierkörperverwertungsbetrieb gebracht und die Felle wurden mit je einem Dollar bewertet. Unter den Hunden waren natürlich jede Menge arme Spitze. Der Artikel endet mit einem weiteren Schimpftirade über die Spitzhunde, denn von 48 gebissenen Männern wurden 39 von Spitzen gebissen. Es gibt übrigens keine Berichte darüber, dass sich einer dieser gebissenen Männer mit Tollwut infiziert hat. Eine später verbreitete These war, dass weil Hundefänger so oft gebissen wurden, sie gegen Tollwut immun waren. Es zeigt jedoch die Seltenheit echter Tollwut, da es eher unwahrscheinlich ist, dass sie immun waren.

 

Ab dem 28. April 1878 verbot die Stadt Long Branch Spitzhunde und forderte die Bürger und Marshalls auf, jeden Spitz zu töten, der innerhalb der Stadtgrenzen gesichtet wurde. 

Der Spitz wird rehabilitiert

Rawdon Lee Spitz mad dog New York
Rawdon Lee über die Spitz-Hysterie

Gleichzeitig kamen ab diesem Zeitpunkt weltweite Hundeausstellungen auf, so auch die bevorstehende zweite jährliche "Westminster Kennel Club Show" am 28. April 1878. Angeblich hatten einige Menschen versucht, dort auch ihre Spitze auszustellen, dies wurde aber abgelehnt. Die Vorgänge den Spitz betreffend entging auch den Kynologen und Hundefreunden im Rest der Welt nicht und so schrieb Vale Nicholas 1907 in seinem Beitrag zur "Kennel Encyclopaedia" über den Spitz: "In Amerika war der Aberglaube tief verwurzelt, dass sie (die Spitze) besonders anfällig für Tollwut waren, dass nach 1880 für ein oder zwei Jahre keine Teilnahme von Spitzen auf der "New York Show" akzeptiert wurden."  Tatsächlich erfolgte die Einreiseverweigerung vor 1880. Rawdon Lee (1894) schreibt über den Pommer: "Vor einigen Jahren gab es in New York eine wahnsinnige Hundepanik, und mancherorts soll der Ursprung auf die Spitzhunde zurückgeführt werden, von denen viele vernichtet wurden, ohne dass irgendein Beweis erbracht wurde." 

 

Harrison Weir schrieb 1889 einen Artikel im "London Standard", der im Oktober von der New York Times aufgegriffen wurde und der sich mit der Tollwut befasste: "Mir wurde gesagt, dass der Spitz ein unberechenbarer Hund ist und in einigen Ländern nicht erlaubt ist".

 

Der Westminster Kennel Club veranstaltete eine Eröffnungsausstellung, die sich auf einige ausgewählte Sporthunderassen beschränkte. Die Ausstellung war ein voller Erfolg und davon beflügelt, beschloss der Club, seine Ausstellung auch für andere Rassen zu öffnen. Die Resonanz war groß, wohlhabende Züchter schickten Einträge per Dampfer und sogar zwei Collies im Wert von 20.000 Dollar wurden für die Ausstellung direkt aus den Zwingern der Königin von England importiert! Dies sollte ein großes gesellschaftliches Ereignis werden. Die Crème de la Crème der amerikanischen Hundeliebhaber sollte ausstellen oder teilnehmen. Das Letzte, was der Club brauchte, war eine Massenhysterie, die allein durch die Anwesenheit eines Spitzes hervorgerufen wurde. Verständlicherweise wurden Spitze daher auf der Ausstellung verboten. Erst 1894 sollte wieder ein Spitzhund auf der "Westminster Kennel Club Show" ausgestellt werden. 

Victoria von England und der Pomeranian

Inzwischen entwickelte sich in England ein Trend, kleine Spitze aus Deutschland und Italien zu importieren und im Dreikaiserjahr 1888 interessierte sich keine geringere Persönlichkeit als die Königin von England für die kleinen, trendigen "Toy Pomeranians". Königin Victoria hat wahrscheinlich mehr für die Rehabilitation des Spitzes in Amerika getan, als jeder andere Mensch. Im November 1894 gab es in der New York Times einen Artikel über ihre Hunde, in dem Gina als 7½ Pfund-Toy-Pomeranian aus Italien bezeichnet wurde und Marco (12 Pfund schwer) als der feinste Spitzhund Englands vorgestellt wurde. Toy Poms wurden in den 1880er Jahren immer beliebter, und Schriftsteller priesen ihre liebenswürdige Art und ihr gutes Temperament – kein Wunder also, dass sie gemocht wurden! In der gesamte Presse vernahm man kein Wort der Kritik an den Spitzen der Queen! 

Prince George of Wales and Spitz Dog
Prince George of Wales, Sohn von Georg V.

Die Gesellschaftsdamen von New York entdeckten ihre Leidenschaft für die winzigen Toy Pomeranians und wurden sie zum "Must-have". Ab den späten 1890er Jahren exportierten englische Züchter ihre Poms und enorme Geldsummen wechselten den Besitzer. Der große Pommer hingegen wurde von den amerikanischen Ausstellungsausstellern auch nach seiner Rückkehr aus seinem unfreiwilligen Tollwut-Exil in den Ausstellungsring nie vollständig angenommen, zu tief saß scheinbar die Abneigung. Die kleinere Größe hingegen sprach insbesondere die Frauen an, die auch immer mehr an Einfluss in den Reihen der Hundewelt gewannen. 

 

Auch dass die Kinder des zukünftigen Königs Georg V. mit ihren Spitzen fotografiert wurden, sorgte für ihre Rehabilitierung in Amerika. Schauspielerinnen wie Ellen Terry waren auf Postkarten zu sehen, die ihren weißen Spitz umarmten. Bilder zeigten sie oft, wie sie Tricks machten oder in Zirkussen auftraten. Das Publikum liebte sie – es gibt Hunderte von Postkarten in verschiedenen Größen und Typen, die aus dieser Zeit stammen.

 

Ein weiterer Beweis dafür, dass die Rasse praktisch rehabilitiert wurde, lieferte 1905 die Veröffentlichung eines unbeschwerten Gedichts in der NY Times, das an den Herausgeber geschickt wurde. Es ging um einen Deutschen namens Fritz mit einem deutschen Hund – seinem Spitz. Fritz sagte, er sei ein guter Hund, der nie biss und es sei nur das Temperament des Hundes, das ihn beeinflusse, nicht hydrophobe Anfälle. Diesmal gab es keinen redaktionellen Kommentar!

Gedicht von 1905 aus der NY Times von Fritz und seinem Spitz
Gedicht von 1905 aus der NY Times von Fritz und seinem Spitz

Leider gab es im Jahre 1908 einen zweiten Tollwut-Ausbruch unter den Bewohnern New Yorks! Die New York Times forderte diesmal jedoch die Öffentlichkeit sehr vernünftig dazu auf, Ruhe zu bewahren und fair gegenüber den Hunden zu sein. Sie wiesen darauf hin, dass es keine Fakten gebe, die die jüngsten Besorgnisse belegen könnten. Dies war in der Tat ein Sinneswandel der Zeitung, nachdem dort festgestellt wurde, dass die Times die Öffentlichkeit als erste auf die Verbindung von Spitzhunden und Tollwut aufmerksam gemacht hatte und so den Wahnsinn erst ins Rollen gebracht hatte. 

 

Spitzhunde wurden diesmal nicht verfolgt oder fielen in Ungnade. Tatsächlich kritisierte ein Artikel in eine anderen Zeitung die NY Times dafür, die Öffentlichkeit als erste gegen den Spitz auf die Barrikaden gebracht zu haben und bezeichnete ihre Geschichte als „einen Fall von Zeitungs-Hydrophobie“.  

Fazit

Queen Victoria Gina Spitz Pomeranian

Neben der Tatsache dieser unglaublichen Ereignisse offenbart sich hier aber noch ein anderer spannender Fakt: denn hier lichtet sich auch der Vorhang zur versteckten Vergangenheit des "Eskies" ein wenig. Es scheint, dass die Umbenennung von "American Spitz" zu "Eskimo Dog" nicht nur mit der antideutschen Stimmung während der Kriegszeit zu erklären ist, sondern möglicherweise auch vorgenommen wurde, um das Stigma des tollwütigen Spitzhundes des ausgehenden 19. Jahrhunderts loszuwerden, das eben nur dem Spitz, nicht aber dem American Eskimo anhaftet. Aus dieser Warte war die Namensänderung daher ein kluger Schachzug. Da keine Quelle eine andere, irgendwie zufriedenstellende Erklärung dafür abgibt, wie der importierte Deutsche Spitz zum amerikanischen Eskimohund wurde, könnte dies hier eine mögliche Erklärung sein. 

 

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der hier berücksichtigt werden muss, ist die falsche Wahrnehmung der rassespezifischen Charakterzüge des Spitzes durch die damalige Öffentlichkeit. Hier wurden historische Hinweise auf eine Neigung zur Bissigkeit deutlich überbewertet und übertrieben, ebenso wie natürliche Merkmale der Rasse als Anzeichen von Wahnsinn und Krankheit fehlgedeutet wurden. Auch Verhaltensstörungen sowie Epilepsie oder Hysterie wurden - wie in den 40er Jahren nachgewiesen wurde - mitunter durch chemische Stoffe verursacht, die früher bei der Herstellung von Mehl verwendet wurden, welches dann auch in Hundekeksen und Trockenfutter Verwendung fand. Auch gab und gibt es überhaupt keine eindeutigen Beweise dafür, dass die weißen Spitze anfälliger für Tollwut waren. Unsere Spitze sind zwar schon anders als die viele Hunde, aber gefährlich sind sie nicht. Meistens jedenfalls.


Königin Victoria mit Pomeranian-Hündin Gina (Man achte auf das rechte Schlappohr - was damals wohl nicht mal eine Königin störte!)

Stand: 24.08.2021

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