Nanda, die Lebensretterin

Das ist die rührende Geschichte eines alten Mannes und seiner treuen Hündin, die so innig miteinander verbunden sind, daß kein Geschick der Welt sie voneinander trennen kann. Wilhelm Lehmann bewohnte am Stadtrand von Essen ein kleines, abgelegenes Haus, in dem der 80jährige seine Bilder malte. Treue Gefährtin seiner selbstgewählten Einsamkeit war Nanda, die siebenjährige Wolfspitzhündin. Auf Schritt und Tritt begleitete das grauschwarze Tier seinen Herrn - und rettete ihm sogar das Leben.

Die Wolfsspitzhündin Nanda rettete Wilhelm Lehmann das Leben.
Die Wolfsspitzhündin Nanda rettete Wilhelm Lehmann das Leben.

Lautes, anhaltendes Bellen riss den Maler in einer frostigen Winternacht aus dem Schlaf. Er wollte Licht machen, um nachzusehen, was Nanda so beunruhigte. Aber der Strom war von unbekannter Hand abgeschaltet. Er tastete sich zum Telefon - die Leitung blieb tot. Der beherzte Mann riss die Haustür auf.. In diesem Augenblick sprang Nanda kläffend ins Freie. Trotzdem fand ein Unbekannter noch die Gelegenheit, einen Brandsatz in das alte, morsche Haus zu werfen. Im Nu setzte eine Stichflamme das Treppenhaus in Brand. Wilhelm Lehmann versuchte aus eigener Kraft das Feuer zu löschen und griff nach einem vollen Wassereimer neben der Regentonne. Doch als das Wasser die Brandstelle traf, gab es einen explosionsartigen Knall. Aber Wilhelm Lehmann gab immer noch nicht auf; weiterhin bemühte er sich, das Feuer unter Kontrolle zu bekommen. Da traf ihn ein Schlag auf den Hinterkopf. Bewusstlos brach der Greis zusammen.

 

Immer wieder fuhr Nanda mit der Zunge über das aschfahle Gesicht des Ohnmächtigen, kratzte mit den Pfoten an seinem Körper. Als jedoch Wilhelm Lehmann kein Lebenszeichen von sich gar, begann Nanda durchdringend laut zu bellen und zu winseln. Der nächste Nachbar, Erwin Saß, wurde durch das Jaulen der Hündin wach, bemerkte den Feuerschein am Himmel und alarmierte die Feuerwehr.

 

Die Rettung des Bewusstlosen war schwierig. Die Hündin sah in der Bergungsmannschaft Feinde und war bereit, ihr Herrchen vor den fremden Männern zu verteidigen. Erst durch eine List gelang es Polizisten, das treue Tier abzulenken. 

 

"Wo ist Nanda?" war die erste Frage Wilhelm Lehmanns im Krankenhaus, als er aus der Bewusstlosigkeit erwachte. Niemand hatte sich während der Löscharbeiten um das Tier gekümmert, das im Dunkel verschwunden war. Jetzt fuhren Bekannte zu dem Anwesen hinaus - und fanden den Spitz. Auf den bis auf die Grundmauern niedergebrannten Trümmern lag Nanda. Ohne zu essen und zu trinken wartete sie auf die Rückkehr ihres Herrchens. 

 

Nachdem Wilhelm Lehmann aus der Klinik entlassen wurde, fand er eine vorübergehende Unterkunft zusammen mit der tapferen Hündin, von der er sich keine Sekunde mehr trennen will. Er hofft, bald eine Wohnung zu finden, in der er wieder seine Bilder malen kann und noch ein paar geruhsame Jahre mit seinem Vierbeiner, dem er sein Leben verdankt, verbringen kann. Von dem gemeinen Brandstifter, der nicht davor zurückschreckte, einen alten Mann beinahe umzubringen und sein Haus in Flammen aufgehen zu lassen, fehlt bisher jeder Spur. 

Aus "Das Neue Blatt" Nr. 13, vom 20.03.1985

Kommentare: 0